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Energienews


27.01.2020

CO2-Preis drückt Treibhausgase auf Rekordtief

Das zeigt die Jahresauswertung „Die Energiewende im Stromsektor – Stand der Dinge 2019“, die Agora Energiewende jetzt vorgelegt hat. 2019 erzeugten Windkraft-, Wasserkraft, Solarstrom- und Biogasanlagen erstmals mehr Strom als Kohle- und Kernkraftwerke zusammen.

Gestiegener CO2-Preis verdrängt Kohle-Verstromung

Hauptursache des Emissionsrückgangs im Stromsystem sind die gestiegenen Preise für CO2-Zertifikate im EU-Emissionshandel. Sie führten in Verbindung mit der gestiegenen Stromproduktion aus erneuerbaren Energien und einem gesunkenen Stromverbrauch dazu, dass fossile Kraftwerke ihre Stromproduktion an vielen Stunden des Jahres 2019 deutlich reduzierten, weil diese nicht mehr wettbewerbsfähig war.

Die Stromerzeugung von Steinkohlekraftwerken brach deshalb um 31 % ein, die von Braunkohlekraftwerken um 22 %. Davon profitierten auch Gaskraftwerke, die weniger CO2-Zertifikate für ihre Stromerzeugung benötigen; sie erhöhten ihren Stromabsatz um 11 %.

CO2-Emissionen von Gebäuden und Verkehr gestiegen

Anders als im Stromsystem nahmen die CO2-Emissionen von Gebäuden und dem Verkehrssystem sogar zu: Dort wurden mehr Erdgas, Heizöl, Benzin und Diesel als im Vorjahr verbraucht. Dadurch wurden die Emissionsminderungen im Stromsystem zum Teil zunichte gemacht. Im Verkehr führte vor allem der steigende Anteil schwerer Fahrzeuge mit großen Verbrennungsmotoren zu einem Anstieg der Treibhausgasemissionen.

Auf den Rückgang könnte ein Anstieg folgen

Die Ursache für das Wachstum bei den erneuerbaren Energien liegt hauptsächlich im Zubau von Photovoltaik-Anlagen sowie einem guten Windjahr. „Dennoch startet die Energiewende mit einer schweren Hypothek in die 2020er-Jahre“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende.

„Denn der Ausbau bei der Windenergie ist in den letzten zwei Jahren um über 80 % eingebrochen und somit fast zum Erliegen gekommen. Weil zudem im Jahr 2019 die Ausschreibungen für neue Windkraftanlagen nicht voll ausgeschöpft wurden, werden wir auch in den nächsten Jahren keine beeindruckenden Zubauzahlen bei der Windenergie sehen. Es ist an der Bundesregierung, jetzt rasch die Rahmenbedingungen so zu ändern, dass die Windkraft wieder vorankommt. Sie ist das Arbeitspferd der Energiewende, ohne Windkraft werden wir weder den Kohleausstieg noch die Klimaschutzziele erreichen.“

Graichen: „Die guten Zahlen für die Energiewende im Stromsektor werden durch das Fehlen weiterer Ambitionen in der Energie- und Klimapolitik insbesondere im Wärme- und Verkehrssektor allerdings deutlich getrübt. Es besteht die Gefahr, dass – nach dem Rückgang der Emissionen in den vergangenen beiden Jahren – im Zeitraum 2020 bis 2022 – wieder ein Anstieg folgt. Wir müssen mehr erneuerbare Energien zubauen, um den Ausstieg aus der Kernenergie bis 2022 auszugleichen und auch genügend Strom für Elektroautos und Wärmepumpen zu erzeugen.“

Förderkosten für Erneuerbare werden bald sinken

Die Jahresauswertung zeigt auch, dass die Förderkosten der erneuerbaren Energien schon bald sinken werden. Denn alte und Anlagen mit hoher Vergütung fallen nach 20 Jahren zunehmend aus der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, können aber weiterhin zu nun günstigen Preisen Strom anbieten.

Neue Wind- und Solaranlagen wiederum produzieren Strom inzwischen günstiger als alle anderen Kraftwerkstypen und führen bei steigenden Erneuerbaren-Energien-Anteilen immer mehr zu sinkenden Preisen an der Strombörse. So war Deutschland im Jahr 2019 gemeinsam mit Luxemburg auch das Land in Europa mit den geringsten Stromgroßhandelspreisen. Interessant war auch, dass die Preisausschläge an der Börse nach oben und unten (inklusive negative Strompreise) dieses Jahr moderat ausfielen, Knappheiten am Strommarkt konnten nicht verzeichnet werden „Das ist ein Zeichen dafür, dass die Versorgungssicherheit in Deutschland im vergangenen Jahr durchweg hoch war“, sagt Graichen.

Beigetragen zum hohen Anteil Erneuerbarer Energien hat auch ein deutlich gesunkener Stromverbrauch. Dieser war 2019 mit 569 TWh (Mrd. kWh) der geringste der vergangenen 20 Jahre und niedriger als 2009, dem Jahr der Wirtschaftskrise. Die Ursache ist sowohl dem geringeren Wirtschaftswachstum und insgesamt einem geringeren Stromverbrauch der energieintensiven Grundstoffindustrie geschuldet als auch dem gesunkenen Eigenstromverbrauch von konventionellen Kraftwerken, die durch Erneuerbare-Energien-Anlagen ersetzt wurden.

Ausblick auf 2020

Für 2020 prognostiziert Agora Energiewende, dass die Stromerzeugung aus Kernenergie weiter abnehmen wird, da das Kernkraftwerk Philippsburg 2 Ende Dezember 2019 stillgelegt wurde.

Die Lage der Windenergie an Land wird sich indes kaum verbessern, der Zubau dürfte sich wie schon 2019 im Bereich von 1 GW bewegen, während bei der Solarenergie ein Zubau von 4 GW und damit ein ähnliches Niveau wie 2019 erwartet wird. Die Windenergie auf See wird sich 2020 aufgrund der Inbetriebnahme neuer Windparks im zweiten Halbjahr 2019 und ersten Halbjahr 2020 voraussichtlich weiter steigern.

Die Entwicklung bei Braunkohle, Steinkohle und Erdgas und damit der CO2-Emissionen 2020 ist offen und hängt von der Entwicklung der Kohle-, Gas- und CO2-Preise sowie der Windverhältnisse ab – zum jetzigen Zeitpunkt sind hierzu keine verlässlichen Aussagen möglich. Sehr wahrscheinlich sei jedoch, dass die Aussicht auf mögliche Entschädigungen im Rahmen des Kohleausstiegs dazu führen wird, dass 2020 kein Kohlekraftwerk stillgelegt werden wird.

Auf www.agora-energiewende.de steht der Jahresrückblick kostenfrei zum Download bereit. Er umfasst 70 Seiten sowie zahlreiche Tabellen und Grafiken.




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